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Autoportrait - Künstlerische Idee

Der menschliche Kopf, der Schädel, die teilweise mit Haaren bedeckte Haut, Blutgefäße, außerdem Augen, Nase, Mund, Ohren, manchmal ein Fragment der Hand und vor allem das Gesicht als wichtigster Teil des Kopfes sind seit langer Zeit ein Objekt des Interesses und der Faszination in der Kunst.

Mieczyslaw Wallis sagt, dass "wir aus allen Teilen des menschlichen Körpers besonders viel über seine Psyche aus seinem Gesicht erfahren. Das Gesicht beinhaltet die größte Zahl der Organe auf kleinstem Raum. Im Gesicht befinden sich Kommunikationsorgane, dank deren wir miteinander "sprechen" und kontaktieren, intellektuel - durch den Mund und die Augen. Das Gesicht bewahrt sehr treu Spuren vergangener Ereignisse und Berührungen. Darüber hinaus ist es ein Körperteil, der normalerweise nicht bedeckt wird und deshalb kennen wir es am besten."

Seit vielen Jahren beschäftige ich mich hauptsächlich mit dem Autoportrait. Mein eigener Kopf und Gesicht wurden zum Objekt der Observierung und meiner künstlerischen Studien. Mit Hilfe der Medien wie Grafiktechniken und Zeichnung probiere ich ein plastisches Äquivalent meiner eigenen Vorstellung über mich selbst aus. In der Wirklichkeit sehen wir uns nicht selbst, wir haben nur ein permanentes Gefühl unserer Körperlichkeit. In den Spiegel schauend, versuchen wir intuitiv zu prüfen, ob unsere Abbildung in ihrem Ausdruck und Aussehen unsere Vorstellung über uns selbst, die der Umgebung und der Anderen wiedergibt.

Der Spiegel zeigt das Angesicht. Und hier erst erreicht uns das Bewusstsein nicht nur der falschen Wirklichkeit des Spiegels, sondern auch seiner Unvollkommenheit.
Es stellt sich heraus, dass ein Gesicht oder Körper einen sehr starken Ursprung der Expression der Bewegung, die Spannung und Entspannung der Muskeln bzw. Mimikgrimassen bilden kann. Dies alles sind nur die nächsten Stolpersteine, Masken, die die Wahrheit über uns selbst hinter der körperlichen Hülle verbergen.

Deshalb untersuche ich die fließende Grenze zwischen dem, was mir in meinem Bildnis wahrhaft erscheint, und zwischen dem, was eine Maske, Grimasse oder Pose darstellt. Kann in einem Autoportrait die Wahrheit über sich selbst durch die Maske des Gesichtsausdrucks durchdringen?
Das Geheimnis des Autoportraits steckt in einer untrennbaren Ganzheit des Künstlers und des Modells, der Einheit desjenigen, der portraitiert und der portraitiert wird.

Ich bin für mich selbst ein Modell und gleichzeitig ein Akteur, der nach einer geeigneten Methode des Ausdrucks der universellen Wahrheit sucht. Ein Mensch, der bei sich selbst prüft, ob es diese schwierige Möglichkeit des Ausdrucks eigener Weltanschauung und Beschreibung der inneren Welt geben kann. Das Gesicht interessiert mich als eine Art Bühne, auf der sich etwas abspielt, was sehr immanent ist. Deshalb wurde das Empfinden des eigenen Gesichts für mich zum Ausgangspunkt und zur Grenze des weiteren Erfindungsprozesses. Scharf begrenztes Bildnis, ein statisches, fast versteinertes Gesicht mit einer Mimik, die das Nachdenken begleitet, Kontemplation und das In-sich-Hineinhören - die Expression der Gefühle und Zustände, in denen ich mich befinde, wird geprägt von Überlegungen über das eigene Gefühlsempfinden und die immer erneut wiederholte Frage nach dessen Wert und Sinn. In meinen Arbeiten möchte ich meine innere Welt, das Innere eines Menschen mit der ganzen komplizierten Psyche und Unterbewusstsein zeigen. Ich kehre viele Male zu meinem Gesicht zurück und jedes Mal gebe ich ihm einen anderen Ausdruck. Mit einer Sturheit suche ich nach einer Lösung, die mir erlaubt, mich am besten und angemessensten zu sehen und kennen zu lernen.

Das Thema, das mit ein paar Versuchen beendet sein könnte, hat sich zu einer Herausforderung entwickelt, die meine künstlerische Tätigkeit vollkommen in Anspruch nimmt. Die bloß einmalige Auseinandersetzung mit dem Autoportrait hat sich als nicht ausreichend erwiesen, neue Proben und neue Details, die den Gesichtspunkt der Betrachtung verändern, führten zur Notwendigkeit der Wiederholung.
Auch die statische Form hat sich als nicht ausreichend für den Ausdruck der ganzen Skala von Expressionen gezeigt, um verschiedene Verhaltensweisen wie die Wut, das Leiden und die Trauer darzustellen. Dazu kamen eine Bewegung, der offene Mund, der schreit, der Schmerz oder das Lachen und ein bedeutsamer Blick. Die Portraits begannen zu schreien. Man kann nicht lange die Hand über eine Flamme halten und dabei nicht zeigen, was man fühlt. Das Autoportrait wurde zu einem Schlachtfeld, zum Feld der Diskrepanz und Akzeptanz, zu einem Ort der Erfahrung. Das Gesicht - der Körper oder einzelne seiner Teile - werden zu Gegenständen verschiedener Behandlungen und bilden eine Grundlage, auf der ich Linienelemente aufspanne. Dabei entstehen Flächen, die ein souveränes System im scheinbaren Chaos ausmachen, der fast das Gesicht verdeckt. Das Autoportrait ist der Durchbruch zum eigenen Bildnis.

Piotr Szurek

Übersetzt von Ewa Hartmann
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